Kapitel 8
Auf der Eller als Rabe. Nadelbäume auf einem Bergkamm.
Eine ewige Gegend in der ich hier gelandet bin, feucht und kühl ist es, auf meinem schwarzen Gefieder liegen kleine Tropfen. Es ist früher Nachmittag und ich habe noch keinen Spaziergänger gesehen, wahrscheinlich taucht heute auch keiner mehr auf. Vor zwei Tagen bin ich noch in Norditalien gewesen, am Strand war die gleiche Kälte wie hier, und ich wurde melancholisch. Der Strand und diese runden Steine und die Männer am Strand hatten ihre Hände in die Jackentaschen gesteckt.
Kapitel 8 ½
INTERMEZZO
Denken ohne Fellini
Ich: ”Was hat sie dazu gebracht dem Affen eine Mütze aufzusetzen?”
Ich: “Nun, ich dachte mir es handle sich um einen Mondaffen. Mondaffen essen die Wolken, das liegt in ihrer Natur. Dieser Mondaffe hat eine blaue Mütze bekommen, er sah einsam aus ohne seinen Freund - Fetzi the Fetz. Wissen sie, in gewisser Weise berührt mich das Mondaffentum in seiner Reinform, es ist so verschwenderisch, aber doch fern jeder Dekadenz. Und doch hat das kleine verzierende Accessoire seinen Platz im holländischen Interieur, überall Delfter Blau - wie bei Pink Floyd. 1971 war ein ertragreiches Jahr für uns - die Raben kamen immer spät abends von den Bungalows und hatten noch nicht einmal die Morgenzeitung gelesen. Das “Freie Wort” - ein furchtbar idealistischer Name für ein so oberflächlich engagiertes Blatt. Die Journalisten taten einem manchmal leid, so bemüht rangen sie nach Aufmerksamkeit.
Ich: Kann man sagen dieser Kampf um Genauigkeit entschuldigt ihre beiläufig wirkende Auswahlbeliebigkeit?
Ich: In Bezug auf was?
Ich. Die blaue Mütze.
Ich: Nein, Nein, für mich ist so was von vornherein völlig klar, der blaue Mond September, eine kleine Wolke, die ich lange sah, sie war so weiß und ungeheuer oben... Der rote Mond schien durch das Dach, alter Bilbao-Mond. Sie verstehen? ...
Ich: Ja, ja - und das Meer ist blau so blau...
Ich: Nein, das Meer nicht! Das Meer nicht!
Ich: ....
Ich: ...
Ich: So, so, das Meer also nicht
Ich: ...und das geht ja auch noch lang...
Ich: Ich würde ihnen gerne noch eine weitere Frage stellen - Wir hören täglich von diesen jungen Musikern, denen die kunst mit kleinem k geradeso zufliegt, und denen Zuwendung geschenkt ist, derer sie minder bedürfen -Was halten sie davon?
Ich: Ach, lassen sie diese armen Jungs, man kann nicht alles mit dem wirklich guten Stoff vergleichen, ich drink auch manchmal den billigen Wein, aber auf die Dauer kriegt man davon Koopfbaj. Was mich nur manchmal stört ist diese spürbare Unkenntnis des Großartigem - die wissen gar nicht das es das gibt, sonst wären die nicht so ungeheuer stolz auf ihr bisschen billiges Pulver. Und dabei kommt man überall ran, heute leichter denn je. Und überall spricht irgendeiner von den Großen - einer wie du - so´n Sammler, einer der CD-Sampler herstellt und Literaturlisten verfasst. Gut viele preisen schnell alles mögliche an und können nicht vermitteln warum - aber ich rede jetzt nicht von Sun Ra oder John Coltrane oder Bruce Haack oder Wagner- ich meine die einfachen, eingängigen Sachen: David Bowie, Bob Dylan, Tom Waits, De Chirico, Picasso, Rousseau, Camus, Saul Bellow...
Ich: Na ja, ich verstehe was sie meinen, aber sie hätten jetzt nicht die Namen aufzählen sollen
Ich: Ja genau, aber warum denn nicht, da liegt doch der Hase im Pfeffer, warum denn nicht, du Depp, denk doch mal drüber nach, Mann
Ich: Ja jetzt regen sie sich doch nicht so auf, sie werden ja richtig cholerisch, trinken se mal noch n Schluck Brandy
Ich: Letztens hab ich erst wieder dieses Gefühl gehabt bei einem Bild von Carlo Carrá, dieses ... Wie hat der noch in dem Film gesagt -das Gefühl nicht sterben zu wollen, niemals sterben zu wollen wird so stark, dass man es kaum noch ertragen kann- und dann guckt man nachts um zwei in die Dunkelheit die über dem Bett hängt und ist ganz aufgewühlt und kann nicht schlafen, weil das Lied so unbändig groß ist und weil die Verbindung der beiden Worte “Sonntag” und “Vormittag” einen berührt.
Ich: Ist es das was sie meinten? ... Mit Mondaffentum?
Ich: Ja, ich glaube das ist es ein bisschen...
Ich: Was war das für ein Film - mit dem niemals sterben
Ich: Hmm,..wie hieß der noch mal, irgendwas mit: “Der menschliche Makel”, für einen amerikanischen Film war der ganz gut - da sagt so ein Proffesser anner Uni wegen Zweien, die noch nie im Unterricht anwesend waren: ”Gibt´s die überhaupt oder sind das `dunkle Gestalten?´ und dann stellt sich heraus, dass die Abwesenden schwarz sind und man wirft ihn wegen Rassismusanschuldigungen von der Schule
Ich: Ich hasse Rassismusanschuldigungen
Ich: Ja ja , dabei ist es meistens total offensichtlich, ich hab mal gesagt, meine besten Freunde wären Neger - ich benutze dieses Wort, weil meine Negerfreunde sich selbst so nennen, und nicht als angenommene abschätzige Bezeichnung wie es in HipHip -Kreisen die “Nigger” machen, oder als sich damals die Hippies selbst Freaks nannten, sondern ganz selbstverständlich, als gäbe es gar kein anderes Wort, als hieße es Mensch oder so
Ich: Inuit
Ich: Was?
Ich: Sie wissen schon die Eskimos
Ich: Hä?
Ich: Inuit - das heißt auch Mensch, eigentlich, oder so, irgendsowas war da
Ich: Man sollte sich angewöhnen immer “Bimbo” zu sagen, dann wären die Fronten gleich klar
Ich: Dann müssten nur die Negerfreunde bescheid wissen
Ich: Negerfreunde ist auch gut - Ha Ha
Ich: Das Wort Neger ist eigentlich sehr schön - sehr poetisch
Ich: Der Neger an sich ist fröhlich
Ich: Und rückwärts gelesen heißt es Regen - das ist doch reine Märchenpoesie
Ich: Der Neger an sich ist fröhlich. Darum trommelt er den ganzen Tag und grinst
Ich: Kennen sie dieses Palindrom: EIN NEGER MIT GAZELLE ZAGT IM REGEN NIE
Ich: Was?
Ich; Sie müssen es aufschreiben und rückwärts lesen
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Ich: Achso ... Oha---Interessant
Ich: Oder Shakespeare:”There was once a Venice moor...”
Ich: Ein was?
Ich: Ein Mohr - Othello
Ich: Also Rassismus hat auch seine schlechten Seiten
Ich: Keine Frage, ich bedanke mich für dieses Gespräch.
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