Donnerstag, 17. September 2009

Mondaffe aß die Wolken auf - Kapitel 1

Mondaffe aß die Wolken auf

Kapitel 1

Wir haben also diesen ungeborenen Greis - ein Kind, das in alle Richtungen, schneller als Blitze wächst. So weit es sich erinnert will es sich umdrehen, steht aber Ewigkeiten still. Fasst sich langsam an, sieht von Nadelspeeren der Existenz aus allen Richtungen seine Hände an, berührt seine hübsche Brust, in der jungen Blüte stehen. Kleinstorganismen in einem Körper: ich bin eine Zelle, mich berührt nicht draußen, meine runde Form zeugt von meiner Einfachheit, kleine Dinge drehen sich um ein Zentrum, wie Größen, Galaxien sind Zellen, Atome wissen es nicht, geladen von außen.
Schwimme im Ozean, 10 Meter unter der Wasseroberfläche, kann über mir den Tag sehen, die Strahlenbänder des Lichts reichen fast noch an mich heran. Unter mir ist die unendliche Nacht, erst lange Finsternis, dann greueliche Tiere, Tiefseefische mit riesigen Zähnen in hässlichen Mäulern Bertold Brechts, mit Lampen auf den Köpfen, den blutbeäugten, dann wieder feiner atomstaub mit mildem, satten Gewissen, viel Druck, immer noch stockfinster, dann wird die Konsistenz anders, flüssig wird dünnes Gas, Gas wird fest, fest wird dunkle Materie, dunkle Materie beschert fast wertfrei böse, saubere Albträume, klare Sachen, kein Dschungelgewirr, kein Schweiß, keine inneren Kämpfe. Emotionslose Figuren bringen sich sauber gegenseitig um, im Einverständnis, mit ungeschriebenen Verträgen, mit klassischer Musik, die von Größerem schweigt. Mount-Everest-Luft und diese feinen, geschnittenen Anzüge. Infame Gesten, Neonlichter treten auf wie Las Vegas, Beat-Poeten, John Coltrane und dieses Blinken und Scheinwerfen auf nassen amerikanischen Taxi-Driver-Straßen, hier halt ich mich eine Weile auf ohne dem Einladen. Kojak kommt, fährt über die Brücke nach Queens. Kenne euch alle besser als ihr seid, hab euch unfreiwillig studiert, seid eins mit Kelchblättern, Wieseninsekten, Wald und Wolkentürmen. Wie Regenkönigneger Saul Bellows, die in ganz anderem Reflektieren versinken. Ihr werdet sie nie verstehen, vielleicht niemals bewusst werden, wie anders ihr seid. Wenn der neben dir schon so anders sein kann, dass er nicht einmal ahnt, was du meinst, und du redest nicht über Hamlet, es ist nur Kaffee und Torte und Zucker in schmalen Tütchen und Geschirrgeklapper wie im wahrhaft, richtigen Fernsehen, was soll der Urmann, der stolze, glänzende, schwarze venus as a boy daraus bauen, aus deinen Klötzen. Freilich schön sind sie in seinem Licht, neue Poesie, wie sie nur Afrika gebiert, ein Anstrich deiner Utensilien, was haben deine Sätze, die du dich daheim nicht trauen wagst, hier einen märchenhaften Klang, welch gesangsgleiche Schönheit deine Vokale, du freust dich, dass er es nicht versteht, wie die Deinen es verstehen, dass er es schön versteht, schön-steht! Doch außer Kunst hast du nichts gemacht, wieso lachst du so befriedigt, war es nur das was du wolltest? Ein Publikum, das deine Abfallprodukte als Kunst ansieht, ihrem Wohlklang lauscht, der nur deiner Schönheit zu verdanken ist? Wärst du genauso gern nur schön, ein Riesenschwanz, der zufällig entdeckt wird? Schwarzer Mann, dein Blick gibt mir soviel mehr Broadway, mehr Puccini, und Hemingway-Kitsch. Ja okay, das ist alles, ich brauch doch nur dieses endliche Gefühl, diese Trunkenheit, den Blutrausch, wie sexuell hetze ich einem Phasen-, einem Checkpointorgasmus nach, immer mal, in Abständen, von einem Höhepunkt zum nächsten. Was soll die Kritik? Das ist schön, in weißen Betten aufwachen, neben der weißen Frau, der Leidenschaft von gestern abend, arbeitslos fröhlich dem Kaffeeduft entgegen aus dem hohen Haus schauen, mit Plänen für den Tag, und nach all dem Anderen, wieder aufwachen, mit einem anderen Gefühl, auch wieder neben ihr, ein anderer Vorabend und andere Pläne, und im Hinterkopf tauchen Gesichter auf und sagen: Hey es war nicht sinnlos, dass ich dein Freund war, für eine bestimmte Zeit, an einem bestimmten Ort. Ich bin tot, und lebe doch noch. Du, der du mein Freund warst bist auch tot, und bist froh. Nicht dass du bereust, du hast dich verändert, sie dich an, dein Gesicht. Geh du, ich gehe. Poliert, die alten Schränke, es wird Zeit sie erst mal wieder zu schließen. Zwei Augen und dazwischen ein Ozean mit tausend Stränden, zwei Beine und ihnen folgt dieser Ballsaal, dem die Kadetten glatte Holzpaneele schenkten. Zweiheit, zwei gleiche, sich gegenüberstehend, das eine hebt das andere auf, die letztendlich goldene Mitte, die Neutralität, die aus Kämpfen besteht. Endlich den jungen Iren geschafft, was jetzt damit machen? Glaube kaum das viel im Gedächtnis bleibt, ein sehr schwacher Eindruck, unklar und ohne Kraft. Aber doch auch eine gewisse Faszination, der ich noch nicht ganz traue. Mein Kopf juckt, fühl mich schon die letzten Tage schlecht, hab Wut und muss mich waschen. Beiss immer mal die Zähne aufeinander und spüre Stiche, dumpfe Stiche des Hasses. Etwas Abhilfe schuf ich mir heute durch Produktivität. Wolken aufbauen um mich damit zu polstern, lieg aber dreckig drin, und bin nicht froh. Der Kopf juckt. Gordon Shumway weiß nicht wo er hin soll. Stolpert in Sümpfen rum, die zwar vom Mondlicht silbrig glänzen, aber die vergängliche Schönheit nicht anbieten. Sumpf-Musik. Ziele gibt es, greifbare, langweilige. Glitschige Oberflächen, siech und klamm, auf denen er mit innerlich schwitzender Haut trotzt. Mit einem lächerlichen Mini-Vulkänchen, das es nicht schafft sein Jungfernhäutchen zu zerplatzen, das sich aus Schmalz gebildet hat. Sehen sie das, Doktor Bou? Das fluoresziert, ich bin FBI-Agent und bewaffnet. Wolkenberge, weißer Watteschneestaub, Nebelrauch süßer, leichter als Luft. Über die Verfassung des Weltgebäudes: Sternennebel, befinde mich an einer weit von allem entfernten Stelle im leeren Kosmos. Noch eben rauschten wild leuchtende Planeten an mir vorüber, mein Sinnesorgan, das Sechste, das Größte, nicht imstande all diese Wunderbarkeit zu fassen, zu viel Ereignis, nicht schnell, nicht komplex, nur sehr detailliert und im Kleinsten wahrhaftig. Farbkontraste, im schweren, leeren Raum, von dem ich weiß, dass er tief ist, und dass irgendwo da hinten wieder was kommt, erahne fast die dunkelblaue Kugel weicher Plastik in der Finsternis. Taucht plötzlich und auf der Flucht ein rechteckiges Bildschirmbild (Flachbildschirm) vor mir auf: Rot, ein weißes V, und die springende, schwarze Silhouette einer gelockten Frau mit dünnen, gläsernen Armen. Das Schwarz matter, körniger als das des tiefen Raumes, welches weichgezeichnet und dickflüssig vor mir schmatzend, schmachtend, sich kurz vorm Einschlafen immer wieder selbst erweckt. Ja ich bin hier, Doktor Bou. Mein weicher Ekelitpolstermantel wabert in weichen grauen Schatten. 4 % Materie, 21% dunkle Materie und 75% dunkle Energie - ein expandierendes, ungekrümmtes Universum

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