Die Flut kam. Noch
bevor die ideale Höhe erreicht war kletterte man ungeduldig auf die schmale
Stufe und öffnete die Tür. Die Gräfin hatte sich offenbar beruhigt und schien
einen ganz beträchtlichen Teil ihrer Etikette ohne wiederholte Aufforderung
über Bord geworfen zu haben, fast war sie Marcello sympathisch, aber keine
Angst, das ist hier nicht die Art von Geschichte, in der die sich nicht leiden
können einander lieben lernen. Hass gedeiht viel unkomplizierter manchmal. Der
große Raum, der sich ihnen auftat schien eine Art Salon zu sein, es gab diverse
Sitzgelegenheiten und schwere Esstische, allerdings gab ihm die geschwungene,
doppelte Treppe in die Galerie des Obergeschosses etwas von einem Foyer. Der
berüchtigte Mondaffe schien sich oben aufzuhalten, seine blaue Mütze lag
betroffen auf dem Chaisselon. Aber da kam er auch schon mit einem breiten
Grinsen, wie Jean-Paul Belmondo die Treppe herunter, seine Gäste zu begrüßen.
Er hatte sich einen hellbeigen Bademantel übergeworfen, dessen Band er beim
Heruntergehen verknotete. “Entschuldigt bitte meinen Aufzug, ich habe noch
nicht mit euch gerechnet und bin ein wenig unvorbereitet, ich werde gleich den
Diener schicken und wir ziehen den Kaffee ein bisschen vor.” Der Mondaffe
rutscht die Stühle an den Tisch und bedeutet den Dreien Platz zu nehmen,
klingelt mit einem Glöckchen und wendet seinen Gästen den Rücken zu um leise
und ein bisschen geheimnisvoll dem Diener, einem sehr afrikanisch aussehenden
Schwarzen, einige Aufträge zu erteilen. Marcello raucht eine Zigarette mit
Spitze und die Gräfin sieht sehr abwesend aus, während der Grünschnabel einfach
nur dumm guckt, wie ein Schlagzeuger, mit geöffneten Lippen. “Was beschäftigt
sie, meine Liebe?” -Marcello versteckt hinter leicht ironischem Ton, dass er
der Gräfin beweisen will, er könne sich in Gesellschaft bewegen, wenn er
wollte. Die Gräfin merkt das und verkneift sich ihn spüren zu lassen, dass er
es wirklich nicht könnte, auch wenn er wollte und daran arbeitete, und
antwortet ihm ehrlich: “Ich mag das, wenn hier auf so weiße Vorhänge mit Spitze
die Sonne eine Fläche wirft. Mit dem Fensterbrett und der Pflanze und dieser
Erkernische überhaupt erinnert es mich an ganz leise Nachmittage aus meiner
Kindheit, als in der Küche immer ein gelber Kanarienvogel sang.”. Affi, der
Mondaffe schenkt aus einer silbernen Kanne Kaffee in die dünnen Tassen. Es ist
vier Uhr nachmittags. Eine kleine Pendeluhr schlägt aus einem anderen Zimmer
und während man sich unterhält wird man heute unglaublich müde. Die Sonne blendet
und die Bewegungen sind unwirklich und wie im Traum. Affi hatte eigentlich vor
mit der Gesellschaft nach draußen zu gehen, aber wenn er daran dachte, die
schwere Bequemlichkeit der Situation zu unterbrechen und dann mit dem Boot zur
Insel der Freuden überzusetzen, nur um im Rätselgarten mit den großen eckigen
Hecken und den Rosenbüschen zu lustwandeln, ach näää, dazu sollte noch genug
Zeit sein, wenn dann die Polen kommen. Nach all dem Stress kam jetzt der
Moment, dass er sich richtig ein bisschen freute auf die Hochzeit, jetzt schien es ihm nicht mehr Pflicht, er freute sich wie auf einen
Jahrmarkt oder den Zirkus. Ich denke niemand hat wirklich den Zeitpunkt
mitbekommen an dem alle eingeschlafen sind. Und Marcellos Schlaf war voller
wunderlicher, schwüler Träume in denen die Zimmer sich verwandelten und Lärm
war ohne Geräusch, und die Haut war dicker als sonst er konnte nicht um die
Ecke sehen was da war.
Tigerfell und oben
drauf dieser schöne große Arsch
Skifahren mit
nackten Beinen,
Dschungelrose aus
dem tiefsten Indien,
Unterwasser-Mystery
(eine Höhle in der Felsenwand)
Cocktailparty mit
Jazzband
Madame Clouseau
spielt falsch
Ich fass es nicht
Der Nietnagel
war´s
Die kleinen
Federicos hätten´s
Nicht besser
machen können,
Was rede ich -
natürlich,
Jean-Pierre Leaud
-Les 400 coups
Die Lauschner
Schanze nunter,
Was muss das für ein Gefühl sein,
Wie fliegen,
Der fürchterliche
Schneemensch,
Ein
blau-weiß-gestreifter Zug
Verlässt den
Bahnhof ohne Halle
Oh, wann kommst
du?
Ich habe kleine
Stücken Brie vorbereitet
Ich habe roten
Wein vorbereitet
Einen weichen
roten Ätna - der Vulkan
Durch die
Grautöne, die stark im Kontrast,
Voneinander sich
eindeutig und sauber
Treenen und
trennen
Sie schwub wie die
Cardinale
Und beugte sich
dabei
Bis sie
schließlich saß
Auf einem
Klavierhocker
Vor einem Flügel,
Der eine Nue zu
groß war
Und schwarz und
glänzend war
Und auf den Tasten
lag ein
feines Puder,
Sie nahm es mit
einem Zauber
Und strich es in
den
Abendhauch
Orientalisch
übernahm die
Farbe, erst
unsichtbar
dann pastellen matt
das
Sechzehn-zu-neun
Meiner
Auffassungsgabe
Eine kleine
Übelkeit
A little stomache
illness
A black stripe
above
A black stripe
beneath
A slim window
But the biggest
world harbour
Mein Schiff läuft
aus und ich bin
niemals
Vorbereitet
Ich packe nicht
Um 3 (Uhr)
Ein Jahre totes
Pfeifen stimmt nicht minder heiter. Wenn ich in den zauberhaften Garten komme,
frage ich nach den Zwillingen. Am Strand der Fliegeninsel liegen Kinder. War
ich kurz wach, ich habe doch die anderen da liegen sehen und kurz durch die
Gardinen nach draußen in die Sonne geblinzelt?
Marcello geht im
Kopf die Mondaffensache durch, soll er nicht lieber die schöne glatte Story in
ein Lewis-Carroll tauchen, in einem Joyce zerbrechen, mit Dylan-Thomas-Zauber
natürlich und fellinem Unernst? In etwa so:
Und oben war eben
noch nicht so leer
Und eben Schichten
über Schichten
Lebten und hatten
Kultur
Und waren wie wir,
Aber waren doch
Wolken und Nebel und Luftfeuchtigkeit und alles dazwischen
Sich speisend aus
dem unendlichen Meer,
dessen tote, leere
Tiefen
kein Vieles bargen
und das nichts
durchzog.
Ruhig jetzt, seit Äonen liegt es still,
Umschließt kühl
den warmen, weichen Kern
Des einstigen
Sturmplaneten
Ruhig schon zu
jenen Zeiten
Als oben
Zivilisation
Stürme gegen klare
Himmel
schmale und kleine
runde
sahen sich
dereinst,
kamen zusammen,
Ihre Seelen wurden
eine Seele,
Und wurde wieder
zwei,
Und wurden Viele,
Und waren wie wir,
Identitäten
Höhen der Gebirge
Türme bis ins All
Die Atmosphäre
schon ganz dünn
Und waren die
Wolken eine große Scheibe
warfen sie einen
gigantischen Schatten auf das
blaue Meer
Und über allem
Der kleinste der
vier Monde
Moonape stepped
out the dark
Und der junge Affe
sah es lange an
Sah von dort
Wie Winde die
Wolken
Einander treefen
und treffen lies
Wie Streit war
zwischendurch
Wie manchmal
tagelang
Nur Meer war
Und dann wie in
tausend Decken
Der Planet
verpackt
Auf dass man ihn
getrost hätte fallen lassen können
Und er wäre nicht
zersprungen
And moonape grew
Und als seine
Macht im Zenit stand
Beschloss er aus
einer Laune heraus,
Die Wolken zu
essen
Während er aß
Es waren die
schönsten Jahre seines Lebens
Während er aß
Wühlend durch
wattedichten Nebel,
Feine Schlieren
einsaugend in klarer Höhenluft,
die nicht darüber
dachten,
wie wahrscheinlich
Ameisen, die der Ameisenbär holt,
nahm die schmachen
Dünste über dem Wasser
durch die Nüstern
und überwand
riesige Kuben voll
Nichts
bis vor ihm die
Alpen
Heraufstiegen
Aus Wattesahne
gebaut
Kaum Druck
ausübend auf die massiven gelben Zähne
Mondaffe aß die
Wolken auf
Moonape ate the
clouds
Als man erwachte
muss es gegen Acht Uhr gewesen sein, draußen war es schon dunkel und alle sahen
ziemlich mitgenommen aus, als ob man im Zelt geschlafen hätte, auch die
Geräusche hörten sich danach an. Der Mondaffe wurde sofort von plötzlich
einsetzendem Stress gebeutelt, was er alles noch hätte erledigen müssen und
jetzt kommt jeden Moment der weitere Besuch. Ein bisschen hat er die anderen
mit den unangenehmen Gefühlen gleich angesteckt, so dass die bequeme Schlafluft
einem Aufruhr wich und es war eine Stimmung auf einmal als ob man im Streit
auseinandergegangen wäre und man angekotzt ist von den Fressen der Anderen.
Eine Stinkwut, richtiger schöner Hass und genausoschnell wie es gekommen war,
wars auch wieder weg und jetzt kommen auch schon die Polen, man hört von
draußen unheimlichen Lärm. Die Gesellschaft begibt sich geschlossen zur Tür.
Marcellos Augen waren das Licht noch nicht wieder gewöhnt und in der
Stockdunkelheit draußen erkannte er nur Hunderte verschiedenfarbiger Lichter,
Glühbirnen, die an Booten befestigt waren. So um die fünfzig solcher Boote
legten vor dem Turm des Mondaffen an und die Familien polnischer Verwandtschaft
der Braut machten einen Heidenlärm ohne laut zu sprechen, denn sie wollten die
schlafenden Kinder auf ihren Armen nicht absichtlich wecken. Allein das
Geklapper irgendwelcher mitgebrachten Töpfe und anderen Gepäcks durch das
Schwanken der Boote verursachte die extreme Unruhe. Marcello ist zu müde, um
dieses ganze Empfangsszenario auszuhalten und verabschiedet sich nach oben in
das für ihn vorgesehene Gästebett. Beim Hinaufgehen findet er die Lichtschalter
nicht und kämpft sich auch aus Faulheit im Dunkeln zu seinem Zimmer durch.
“Vincent wird heiraten” spricht er fast laut aus.
Am nächsten Morgen
sind alle sehr geschäftig unterwegs, so dass Marcello schon allein deswegen
eine Abscheu davor hegt, hinauszuunzen ins Bad und sauer liegen bleibt. Der
Blick zum Fenster hinaus in dieser Höhe ist fantastisch. Das kleine Zimmer
scheint extra als Gästezimmer angelegt worden zu sein, in einer Ecke stehen
irgendwelche großen zusammengerollten Papierbögen, der Rest ist Hotel, und so´n
bisschen omamäßig - tschechisch.
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