Montag, 12. September 2011

Mondaffe aß die Wolken auf - Kapitel 10


Kapitel 10

Hochzeitsfest beginnt. Essen an langer Tafel. Seltsamkeiten. Eine Rede. Gelächter. Überall im Raum ist weiß, verschleierndes Weiß, wie ein Filter, Milchglas, in der Luft als Blütenpollen, fällt wie Schnee, juckt an den Nüstern, dann als der Schleier und das Kleid, dann als Buttercreme auf der Torte und als Tischdecke, die die Kinder beschmieren mit Schokoladenhänden und Affi, der immer Essen vom Teller verliert. Als Affe gewöhnt man sich daran, auch wenn man sich jedes Mal wünscht, man könne die Tischdecke mal unversehrt lassen. Er hat sich schon manches Mal gefragt, ob seine unbegründete Grunddepression vielleicht von diesem alltäglichen kleinen Versagen rührt. Vincent sieht gut aus, die Braut auch. Die Braut sieht sogar hervorragend aus, Marcello ist ein bisschen verliebt. Tänze, eine Jazzband, Bossa Nova, Calypso, dann immer mehr Weißwein, dann Sekt, dann weiß ich nicht mehr. Stolpern, dann noch mal irgendwas auf der Veranda, mit Affi und einem kleinen manischen Onkel der Braut, der Rest ist finster, aber ich versuchs mal: Er verlor kein Wort. Wie die Nebel um eine fragende Flagge schob sich die ereignislose Zeit über den Asphalt. Im Schein der funkelnden Wesen erklomm die schlanke Braut das florale Mauerwerk, diesen Wall aus tropischen Bäumen. Während die beiden Wichtigen unserer Stadt entfliehen in einen eigenen eingebildeten Wunderwald mit kleinen Schlumpfhäusern, fragen sich die aus der Starre erwachten Zurückgebliebenen, ob diese Ereignisse, die sich vor ihren reglosen Augen abspielten, ein optischer Scherz oder ein abgespaceter Ausnahmefall zu sein wünschten. Die grünen Wesen aus dem Weltall haben dem Gorilla das Trompetespielen untersagt. Wissend dass es ein Abschied für immer ist, gab er ihr einen schmerzerfüllten, traurigen Kuss auf die verheulten Wangen. Dies war die Geschichte ihrer beiden Leben, alles Folgende wird Nachspiel sein. Die große Szene ist im Kasten, das war die Zukunft meiner Kindheit. Wie es sein muss, brach der logische Strang und ergoss sein Blut einem absurden Wechsel, die Stimmung fiel, die Gesichtszüge blieben gleich. Weit aufgerissen schauen die Augen auf das bunte Fest, der Mund lacht, auch mehr als das Gehirn heute befohlen hat. Ein Spiel, helle Freude, Kapellmeister! Wem galt das Zeichen des Zensors? Sollte die eine oder andere dem König missfallen haben? Unmöglich. Diesmal konnte es kein Kontra geben, nicht von uns. Vor dieser Garage, im Auto, eine lange Nacht lang, hoffentlich bleibt es dabei, der ölige Geruch wechselt langsam von der Kühle der Nacht ins hitzige Dicksein, verschluckt träge die ersten Sonnenstrahlen des Vormittags. Plötzlich sprießen im Kopf auf Wiesen die Klischeeblumen und die Sehnsucht des einfachen Friedens setzt sich schwungvoll in die innere Couch. Kein erwarteter vor der Tür Heranfahrender kann wie kalte Schwimmhallen dieses warme Steinsein erschüttern. Vergangene Schneebälle im Genick frieren nur noch ganz sacht in den Kniekehlen, worauf der lasierte Imagine-Whiskey diese trocken benetzt mit seinem weinigen Hauch. Honig-Kruste-Fleisch, Sahnesoße, Eisblumen brechen das Sonnenlicht, werfen dessen Spitzen in den Raum, auf die Holzpanelen und die große Pendeluhr, die Eule aus einem ganz anderen Sein, einem Vergangenen, das nich mehr so kommt. Wieder moosgrün, Sonnenbutter drauf, bisschen Puder. Ein uraltes Wurzelvieh, von Bulgaren geschnitzt zwischen Schwarzbären auf einer isolierten Riesenwiese, keine Ahnung was da noch, 5,50 mit dem Taxi, die Schublade geht nich wieder zu, das Buch brachte vielleicht ehr durch eine einzelne Rezipientin. Miros Mond an deinem Nachthimmel. Was war das, der mit seiner Vier und seiner Drei, die beiden morphologischen Brandungsfelsen, die Gruftschubladenraucherin und die Christneunzehn, und die Ostwarschnellwegge, der mit seinem tiefen Einblick in nur von ihm gesehene Schätze, während jener die eigene Minuspolente schwimmen schickt im hohen nassen Gras.

Aussichtslos glücklich, dann hoffnungsvoll verloren,
Es ebnet sich nicht der Weg,
Die Hülle wird mit der Zeit fahl
Und der Körper fühlt sich
nicht mehr wohl darin - muss gewaschen werden,
Beides,
Die Flüssigkeit und die einfache raue Stimme,
Jetzt setzt sich doch die fette Schnecke Schweigen
Ins gepolsterte Gemüt,
Um dem Graben
ein Ende zu setzen - Kaffee und Kuchen
Nach der harten Schaufelei,
Immer im Garten, mit Sprenklern
Von der Sonne auf dem Pullover
Wie die Impressionisten

Als Marcello wieder aufwachte war es bereits Mittag und Affis Haus glich einem Hühnerstall in dem jemand einen Feuerlöscher zum Explodieren gebracht hat, na ja ein bisschen schön sah´s auch aus, irgendwie noch einladend und weich, wegen dem Weiß und dem Schaum... Was ist das eigentlich?

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