Montag, 30. Juli 2012
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Es ist vollbracht: "Mondaffe aß die Wolken auf" ist beendet. Der gesamte Roman inklusive des Schlusses, den unzählige Blog-Leser gar nicht erwarten konnten, zum kostenlosen Download.
Philipp Orlowski - Mondaffe aß die Wolken auf
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Sieht dann so aus:
Montag, 12. September 2011
Mondaffe aß die Wolken auf - Kapitel 15
Kapitel 15
Wir erinnern uns: Vincent, der Totgeborene, hat
erst einmal Glück gefunden im parallelen Universum, dem er entstammt. Und
obwohl es anders sein müsste, ähnelt dieses jenseitige Leben dem Unseren. Auch
Marcello befindet sich augenblicklich in einem parallelen Wien, in dem Schatten
und Nebel dem dritten Mann zur Flucht verhelfen, wie im Wien unserer Dimension.
Wo ist der Haken? Was ist anders in der anderen Welt? Sie existiert nicht, na
gut, aber wer will ernsthaft behaupten unsere Welt tue das? Gibt es Wien
überhaupt, jetzt in diesem Moment, wo ich hier bin? Das Wien in meinem Kopf
bestimmt nicht, denn es entstammt Filmen, obwohl ich dort war und es gesehen
habe. Ich lasse meine Illusionen nicht von der Realität verdrängen. Nizza,
Acapulco, Dschungel, Orient, einzig und allein der Phantasie von Menschen
entstammend, die glücklicherweise weniger Wissen und größere Projektionsflächen
hatten. Oder Weltall und Atlantis? Das antike Griechenland der Mythen, in dem
Minotauren in Labyrinthen warten. Nur dort
kann Vincent totgeboren sein und leben. Grüß mir meine Katze Mischa! Was sich
jemand ausdenkt, existiert sogleich. Den Charakter meiner Katze habe ich
erfunden und darum gibt es ihn, gab es ihn und gibt es ihn noch.
Mischa sitzt auf dem Fensterbrett, neben einem
Blumentopf mit Zitronenmelisse, und schaut hinaus ins vom Schneegestöber
ungemütlich gemachte New York. Ich betrete den, mit dem gelben Licht einer
Glühbirne erfüllten Raum und trete den Schnee von den Stiefeln. Die Katze
springt vom Fensterbrett und schnurrt um meine Beine. Nachdem ich Schal und
Mütze abgelegt habe, setze ich mich gleich an den Schreibtisch und beginne den
Brief, ohne mir einen Tee gemacht zu haben.
Lieber Marcello,
wie gefällt es dir in Wien, ich hoffe es geht
dir gut. Gerade habe ich mit Esther die Platte fertiggestellt, die Kinder
werden ganz aus dem Häuschen geraten, wenn sie das hören. Sie heißt einfach
„Electronic Record For Children“ und ich und Miss Nelson geben vor, in einem
Raumschiff die Erde zu umkreisen und die Lieder sind ganz fantastisch und
teilweise zum Mitmachen. Ich glaube ich werde demnächst ein paar Sachen
aufnehmen, die dann nicht für Kinder sind. Mit Musik kann man Welten
erschaffen, mit dieser Musik kann man Universen erschaffen. Wenn ich das
einzelne elektronisch erzeugte Geräusch höre, ist es schon wie ein Signal aus
den Tiefen des Weltraums, mit dem Raumhall und der Musik, den Akkorden und
verfremdeten Instrumenten unserer Zivilisation, dem kompositorischen Wissen
Bachs und den Klängen der Naturvölker entsteht eine ungeahnte Magie. Eine
mystische Kraft versucht mich in meine Synthesizer und Bandgeräte
hineinzuziehen und mich in elektrische und magnetische Impulse aufzulösen,
manchmal wäre ich dazu bereit. Ich muss dir die Platte irgendwie zukommen lassen!
Schade, dass du so weit weg bist, wo ich hier so Wenige finde, die mich
verstehen und nicht für komplett irre halten.
Die Katze kratzt an meinen Lautsprecherboxen.
Das Wetter heute erinnert mich an Alberta.
Hätte ich mir doch keine Hochparterre-Wohnung ausgesucht, es ist sehr kalt. Ich
habe gehört, Vincent hat geheiratet, meinen Glückwunsch, falls du ihn triffst.
Ich werde ihm nicht mehr schreiben. Irgendwie fühle ich keinen sonderlichen
Draht mehr zu ihm, da er jetzt so erfolgreich ist und ich immernoch verzweifelt
strebe, kann ich ihn nicht mehr leiden. Er stinkt mir geradezu. A Propos, die
beiden Mädchen feiern jetzt auch Erfolge, haben sich sogar bei meinen Sachen
bedient, alles Angreifbare rausgeschmissen und recht blutleere Ergebnisse
vorzuweisen, die aber bei den altbekannten Pfeifen ausgezeichnet werden. Ich
möchte dir von einem Traum erzählen, den vor zwei Wochen hatte, es war sehr
interessant. Ich befand mich irgendwo im Griechenland der Antike, das wusste
ich, am Wegesrand stand ich oder saß auf einem Stein. Ich glaube so ist das
Bild entstanden - ich habe einmal in einem Buch über die Sagen des Altertums
gelesen, Hermes oder Pelias oder wer auch immer, saß auf einem Stein am
Wegesrand, und dann hatte ich dieses Bild im Kopf. Am Horizont in der einen
Richtung des Pfades, nicht breiter als zwei Meter, sha ich einen Tempel, wie
den der Athene. In der anderen Richtung stand ein Olivenbaum, ungefähr 100
Meter entfernt. Links und rechts vom Weg erstreckten sich weite Ebenen
trockener Erde. Ein Athener kam des Weges und gab mir im ausgehölten Panzer
einer Schildkröte Wein zu trinken. Wir trugen beide Chiton und Himation,
allerdings konnte ich über ihm die Projektion seines nackten Körpers sehen und
wusste, dass auch er ein Abbild meines Körpers über mir schweben sieht. Wir
betrachteten diese genau und versuchten Vergleiche herzustellen, denn wir
hatten von den Göttern den Auftrag erhalten, eine ideale Skulptur zu schaffen
und den Marmor dafür wird uns Circe selbst schenken. Der Athener ging des Wegs
und ich nahm Papier und Stift und zeichnete Skizzen für die Skulptur. Ich
rollte die Skizzen zusammen und ging in die Richtung aus der der Athener kam,
an dem Olivenbaum vorbei und gelangte an eine Meeresklippe. Tief unter mir
schlug das Meer an die Felsen. Beim genaueren hinsehen, sah ich halb in eine
Grotte, im Schatten elektrische Aale, die sich umkreisten. Bei diesem Anblick
lief mir ein kalter Schauer über den Rücken, ich fand es unerträglich. Die
Aushöhlung im Stein war klein und das Wasser klatschte hart gegen die Steine,
unter den Aalen ging es tief in die Kälte und vom Licht der abendlichen Sonne
waren sie nur eine Armlänge entfernt. Doch sie blieben da im Halbschatten und
glotzten aus ihren muränenhaften Gesichtern, während der Strom um sie zuckte
und kleine Blitze erzeugte.
…
Liebe Grüße
Dein Bruce Haack, New York 1963
Mondaffe aß die Wolken auf - Kapitel 14
Kapitel 14
Marcello in Wien ahnt Kaffee. Ariadne und Vincent auf
Haiti trinken Tee mit Milch und viel braunem Zucker und essen dazu
Butterpläzchen. Marcello in Wien biegt in eine unbelebte, hässliche Seitengasse
ein und ärgert sich deswegen. Er wendet sich um und sucht ein Café. Keins
scheint gut, eins ist zu nah an der Straße, das nächste hat keinen Platz mehr
in der Sonne, das nächste hat keinen Platz. Vincent auf Haiti beisst in sein
Butterplätzchen, während ein Kakadu vorbeifliegt. Ariadne muss schon 30 Minuten
Pipi und geht jetzt endlich. Beim Händewaschen fühlt sie sich irgendwie unwohl
und kann damit garnicht umgehen, denn die Hochzeitsreise sollte sich
durchgehend phantastisch anfühlen, hat sie gedacht, aber schlägt sich's aus dem
Kopf und meint: Ach was, man kann auch mal schlechte Laune haben. Vincent hat
jetzt Lust auf Charlie Parker und lässt einen Plattenspieler holen. Marcello
hört Billie Holiday aus einem der oberen Fenster eines Wiener
Mehrfamilienhauses, welches offen steht, und geschlossen liegt. Der Kaffee, den
er letztendlich bekommt ist abscheulich und er ärgert sich. Der Tee mit Milch
und viel braunem Zucker schmeckt ausgezeichnet und Ariadne fühlt sich wieder
phantastisch und sagt zu Vincent: „Ich fühle mich phantastisch!“ und er findet
das ein bisschen peinlich, lächelt sie aber an, als liebe er sie umso mehr,
weil sie das gesagt hat. Marcello in Wien bezahlt seinen Kaffee und geht ins
Kino und schaut sich „Flammendes Inferno“ an und Paul Newman und Steve McQueen
retten Menschen aus loderndem Turm und es dauert sehr lange. Als er das Kino
verlässt ist es bereits dunkel. Marcello geht ins Hotel und will nicht nochmal
raus, und weil es erst neun Uhr ist und das Fernsehprogramm hoffnungslos ist,
setzt er sich aufs's Bett und weiß erstmal nicht was nun. Er bestellt beim
Zimmerservice eine Flasche Champagner und verlangt ein Radio. Im Radio läuft
Barbra Streisand und sie singt ein Lied, welches „My Lord And Master“ heisst
und, wenn Marcello nicht alles täuscht, eine Rodgers and Hammerstein – Komposition
ist. Um 9:30 Uhr abends aus einem Hotel in die Wiener Nacht schauen und Barbra
Streisand einen Rodgers and Hammerstein-Song im Radio singen hören ist ein ganz
komisches Gefühl. Es ist äußerst traurig, aber es ist einem nicht nach Weinen
zumute, es ist unaushaltbar, aber man will das es am besten nie aufhört.
Marcello beschließt, sich morgen eine Barbra Streisand-Platte zu kaufen oder
ein Rodgers And Hammerstein-Musical im Kino anzusehen. Auf Haiti während der
Hochzeitsreise mit der Braut auf dem Schoß Charlie Parker im
Schallplattenspieler Altsaxophon spielen hören ist ein ganz komisches Gefühl.
Ein ganz kosmisches Gefühl. Das schwarze Meer teibt in der Dunkelheit
beschaulich sein Spiel und schwappt müde Wellen an den kalten Strand. Die
Veranda glimmt orange und gelb von schwachen Flämmchen. Und während man ins
Nichts starrt, keinen Horizont sieht und fast böse und gewalttätig die weißen
Sterne herabstechen mit eisernen Klingen, baut Charlie Parker diesen kleinen
Raum um einen herum, diese sonntagmorgentliche Küche mit geöffnetem Fenster,
die lange schon nicht mehr ist und für ewig da sein wird, länger als die
kalten, tödlichen Sterne in ihrer Blässe. Ariadne empfindet ganz genauso, denkt
aber ganz anders darüber, denkt an gefundenes Liebesglück und verronnene
Tränen, deren Grund sie vergessen hat, und hat Angst, weil nach einem Klimax
ein Abgang kommen muss, und Höhepunkt an Höhepunkt gereiht ungenießbar ist.
Marcello hasst diesen Kerl. Was hat er nur anfänglich
an ihm gefunden, dass er all diese Fehler übersah. Gut, man ist erst einmal
fasziniert von dieser Energie, die von ihm ausgeht. Wenn er sich für etwas
begeistert, kann er leicht mitreißen, und er interessiert sich für so vieles
und erhascht mit rasender Geschwindigkeit immer mehr Information und Schönheit
der Welt und teilt sie mit. Vieles eröffnet sich als größer und großartiger,
als es schien, durch seinen Blick. Anderes hatte Marcello schon als
stumpfsinnig abgetan und in seinem Licht erstrahlte es als unerschöpflicher
Quell der Freude. Mondäne Genüsse, dekadente Manier und intellektuellen Exzess
in ihrer unschuldigen Reinheit zelebrieren, ohne sich dabei dumm vor zukommen,
aber auch Konsumrausch und Egopflege und Gier nach Input. Neue Öffnung zum
Egoismus und zur Egomanie, aber auch zu mehr sozialer Inszenierung,
Konversation mit Fremden, Tanz und Spiel und Suff und Rausch. Hedonismus ohne
die Schattenseiten, denn man ist ja gut, und man ist ja nicht tatsächlich
Egoist und Egomane und verletzt niemanden dabei und steckt andere an mit seiner
Freude.(...) Aber wenn er etwas hasst, kennt er kein Mitleid, wenn sein
Geschmack nicht angeregt wird, bringt er kein Verständnis auf. „Das...“ betont
er mit erhobenem Haupt“...ist das größte Stück Scheiße, das ich je gesehen
hab“. Er möchte sich nicht damit beschäftigen, das regt ihn nur auf. Wenn dir
das gefällt, viel Spaß damit, aber er findet es abscheulich. Marcello versteht
das nicht. Wie kann man nur so sein. Marcello findet auch nicht alles
umwerfend, und manche Dinge weisen kleine Mängel auf und über andere weiß er
manchmal wirklich nicht so leicht Urteil fällen, und belässt es manchmal dabei.
Und direkt nach dem Kino will Marcello nicht „Wundervoll!“ hören und nicht
„Absoluter Mist!“, auch nicht von den Mädchen ohne eigene Meinung, die so
schnell dem Urteil dieser Person folgen. Ein bisschen langweilig können die
Dinge sein oder man fühlt, dass man irgendwie nicht versteht, was es soll oder
naiv und oberflächlich und ja, manchmal können sie auch wirklich Mist sein,
aber nicht so oft und nicht so schnell und nicht diese Dinge. Jetzt jedenfalls
hasst Marcello diesen Kerl, der den Film soo schrecklich fand, und der den
ganzen Heimweg lauthals beklagt und verurteilt. Marcello fand ihn gut,
vielleicht sogar ausgezeichnet, aber jetzt ist er sich nicht mehr sicher.
Dieser Arsch hat alles versaut, noch während des Films musste er Marcello „Was
für ein unglaublicher Mist“ zuraunen, im ersten Drittel, der Affe. Und diese
dummen Gänse, die gleich „ja“ und „schrecklich“ hinzufügen, nach seiner Tirade,
die hasst Marcello auch. Sonst schreien sie immer „Sehr, sehr gut... so stark“
und „Ich war wirklich bewegt“ und ähnlichen Mist und schämen sich nicht mal
dafür. So was sagt Marcello nicht einmal, wenn er es wirklich denkt, und die
wissen gar nicht, was das heißt. Sonst hat er sie ja ganz gern und kann den
ganzen Tag mit ihnen plaudern und Scherze machen, aber über Filme rezensieren,
oder Musik oder Kunst, das soll'n sie doch mal lieber bleiben lassen, die
dummen Hühner. „Mit diesem Typ“ denkt Marcello jetzt „ist nur gut auskommen,
wenn wir einer Meinung sind. Ich sollte auf Distanz bleiben. Als wirklich enger
Freund ist mir das zu nervenaufreibend, und ich bin zu verletzlich für so
etwas. Pech gehabt, Junge.“ Und die Wege
trennten sich, und die drei Monate in Wien sollten bald unter neuen Erfahrungen
begraben sein. Und übrig blieben nur gute Erinnerungen, nur das im Kaffee
sitzen, und der spezielle Humor, der entstanden war, und die Dinge, die man
einander zeigte und die den jeweils anderen dann auch faszinierten und die
beiden neue Welten eröffneten.
Mondaffe aß die Wolken auf - Kapitel 13
Kapitel 13
Vincent und seine Braut erreichen eben Haiti. Das
Grand Hotel liegt direkt am Meer, der Viermaster ankert fast einen Kilometer
vom Strand entfernt und Vincent und die schöne Ariadne steigen aus dem ersten
Ruderboot, von in rote Anzüge gesteckten Haitiern begrüßt. Man begeht die
breiten Eingangsstufen, durchschreitet das große, offene Foyer, die Treppen
hinauf in Suite von unglaublicher Schönheit. An 3 Wänden geht es auf Balkons
hinaus, ein riesiges Bett mit Schleiern, braune Empire-Schränke und wo man
hinblickt Sonnenlicht, weiß wie vom Schnee reflektiert. „Loss, komm zu mir
Vincent!“ sagte Ariadne und ließ sich nach hinten auf´s Bett fallen. Man küsst
sich und macht ein bisschen rum. „Ich bin so erschöpft von der Reise, ich
könnte auf der Stelle schlafen“ - „Ich hätte da eine bessere Idee“ meint
Ariadne und öffnet ihre Bluse und ihr zarter weißer Busen schiebt sich heraus
und wippt ein bisschen. Man küsst sich und schläft miteinander. Es ist gut und
dauert lange und sehr erschöpft und glücklich fällt man schließlich in die
Kissen und blickt sich an. Da ist der Moment, den Vincent so sehr liebt; alles
ist ewig und gleichzeitig spürt man, dass dies ein Augenblick ist, eine
Zeitspanne, vergänglich und schon vergangen, aber man liegt einfach da und es
ist einem egal, alles was vorher wichtig erschien, oder falsch, wie der weitere
Fortgang des Tages, der Woche, das Körpergefühl, die Beschaffenheit der
Kleidung, die Temperatur im Raum, die Zeit, oh ja, das ist wahrscheinlich das
wichtigste, die Zeit; all das ist nun egal und genau richtig; man hört die
Vögel in den Bäumen draußen, man spürt die Luft in ihren verschieden warmen und
kalten Strömungen, die ineinander fließen und zirkulieren, eine Maschine brummt
sanft und fern irgendwo.
Und die Gedanken beginnen gnadenlos zu fließen: ein
glas Pernod mit Wasser, und Musik erklingt wie aus einem Rodgers-and-Hammerstein-Musical,
die Liebenden tauchen in einem südpazifischen Inselfluß, maintenant, ein
kleiner Raum, die Töne verklingen an Steinwänden, man geht hinaus und streckt
sich. Gilt es? Sind die Regeln eingehalten worden? Es gab da eine Stelle,
irgendwo weit unten, im Rhythmus vergraben, vielleicht der Basslauf, irgendwo
dort im Tiefschnee, an der meines Erachtens nach die Linie übertreten wurde,
also eigentlich kein astreiner Sieg, kein Betrug, nur nicht komplett sauber
gespielt. Tief im Inneren schlägt einer eine Trommel, irgendwas afrikanisches,
Bongo-Bongolei, aber Bossa, und dann Beastie Boys. Root down, und trotzdem, nur
der Pernod hält ihn am Boden, in aussichtsloser Lage. Aussichtslos, aber
augenblicklich zufrieden, ganz kurzfristig geplant und unüberlegt und ja,
vielleicht auch dumm, ein bisschen, aber die Schäden bleiben überschaubar und
man kann nicht immer sein lassen, nur weils keinen Nutzen hat. Weils einen
überhaupt nicht weiterbringt, und allgemein: wohin?
Ich sage das keinesfalls böswillig und nichts läge mir
ferner als wieder einmal belehrend sein zu wollen. Meine Absicht ist gut. Meine
Aussage ist freundlich und klar. Ein weiteres Mal trägt es euch fort, auf weite
Felder, meadows, a bunch of meadows...
see whats happening. Was Sprache nicht kann. Ein Schluck, Unverständnis,
erneute große Idee, Zeit leer, unbefriedigendes Nicht-Ganz-Versagen. Hotel nummer
7. Die Türen öffnen sich manchmal in der Nacht, und keiner guckt hin, got the
Ill communication, ca fait ca. Aaaaach... ein langes vom Leben müdes altes
Männer-Stöhnen, meine Glieder schmerzen, wenn ich mich bücke, schrei ich leise:
auu...
In der Dusche zum Beispiel, ich wollte das Shampoo aufnehmen
und dieser Schmerz löste ein leise Aufstöhnen aus, in dem sich all mein Kummer
verbarg und all mein Glück. Und ich war allein, wie jeder normale Mensch in der
Dusche, denn das ist mir wichtig, ein normaler Mensch zu sein, keiner von
diesen unzähligen irgendwie schrägen Charakteren, mit ihren Zwängen und
Hysterien und ihren Komplexen und ihren Neurosen, ich bin ein normaler Mensch
und habe diese Gedanken, sie kommen nicht aus einem Reich außerhalb meiner
Kontrolle, sie sind logisch fundiert und klingen wahnsinnig, wie Wittgenstein,
oder wie Nietzsche, aber der war vielleicht auch ein bisschen wahnsinnig, aber
was man schreibt und was man fühlt sind immer noch zwei Paar Schuhe. Und ich
war allein und machte mein Geräusch nur für mich, ich sagte: ahh und au und nur
für mich, wie ein alter Mann, dem jede Bewegung zu viel, und der sterben
möchte, und ich möchte nicht sterben, und ich mag trotzdem das Gedicht: Müd,
von alldem müd, such ich den Schlaf im Tode...
Wie Wellen an dem steinigen Gestade...
In der anderen Zeit hatte ich einmal einen Traum. Ich
war zwei Menschen und der eine spürte sein Blut, wie es ihm durch die Venen
rann, und der andere stand dabei und wurde ermordert. Und dann war ich ein
dritter, und ich stand mit Anderen in der Tür, und wusste als Einziger, dass
der junge Mann den Anderen nicht ermordet hatte, obwohl es so ganz danach
aussah. Und ich war der Kommissar, aber ich musste es beweisen, denn es war ja
Ich, der verdächtigt wurde, und es sah ja Alles ganz danach aus. Ich hatte nur
wenig Zeit und eine Woche war wie im Flug vergangen und ich hatte mich nicht
sonderlich bemüht. Eigentlich hab ich sogar garnichts für den Fall getan, aber
es wurde mir erst jetzt bewusst und es war zu spät. Wieder hatte ich ohne Grund
das wichtigste vergessen und wusste nicht warum, oder besser ich wusste warum,
es gab nur keinen Grund und ich verlor all meine Zähne. Dann als das Gebäude
unter Wasser stand und die ganze Stadt, schwomm ich hinaus mit Markus, der
vorher Ronny war, und das Gebäude war die Schule und die Hochschule und ein
Krankenhaus oder Irrenhaus. Es war ein großes Spektakel und alle waren
aufgeregt und wollten sehen was nun passiert, denn alles war plötzlich anders
und die Katastrophe war ein einziges Amüsement. Und vorher im Inneren haben wir
noch gedacht: Oh mein Gott, die ganze Stadt ist überschwemmt, was wird nun
werden? Und dann brach eine Wand und wir hörten nur die Wucht des Wassers und
rannten nach oben, aber alles stand Kopf, wie in dem umgekippten Schiff, und
also gingen wir nach oben in den ehemaligen Keller, und schlossen hinter uns
viele Türen, wie Schleusen, damit uns das Wasser nicht folgen konnte. Dann
waren wir trotzdem auf dem Dach und überblickten die Szenerie. Dann gab es
viele Flugkörper im Himmel, der nicht endlos war, sondern dunkler wurde an den
Rändern und schließlich in eine Schwärze überging. Da waren Ballons und Da
Vincis Flugmaschinen und Hubschrauber und Zeppeline. Und auf dem Wasser war
Tumult und aber Lachen und Toben. Und es war immernoch ein großes Spektakel obwohl
bestimmt welche umgekommen waren und auch ich große Angst gehabt hatte
zwischendurch.
Das nächste kann ich nicht beschreiben. Wie auf der
Schallplatte von John Coltrane die OM heißt, ging alles von einem meditativen
Wirrwarr aus. Dann begann es sich zu drehen und immer verrückter zu werden, und
als die Hysterie ihren Höhepunkt erreicht hatte und trotzdem sich weiter
steigerte fand Alles zu einer Ruhe in diesem Durchdrehen und nichts schien mehr
wichtig, nicht die Musik und die Melodie, und der Rhythmus und die
Professionalität, und dass man etwas kann und dass man es doch eigentlich
besser könnte, und dass man den Punkt finden müsste und seine Ansicht klar und
für jeden verständlich mitteilen und mit weniger mehr sagen und kontrollierter
abeiten und zielgerichteter und alles wurde ganz klar und keine Notwendigkeit
war da es anders zu sagen und besser und minimaler. Und dann: Entspannung,
nicht mit guter Musik dasitzen und ein Glas Wein trinken, sondern volltrunken
eine gewaltige Bong rauchen mit unglaublichem Gras und beim Ausatmen ertönt das
beste Stück Musik, das jemals menschliche Ohren betreten hat und kein Gedanke
gilt dem Verstreichen der Zeit.
Mondaffe aß die Wolken auf - Kapitel 12
Kapitel 12
Marcello geht die Treppe hinab und sieht, dass jemand
aufgeräumt haben muss inzwischen. Schlechte Laune irgendwie heute, nichts
scheint irgendwie Spass zu machen, obwohl alles in Ordnung ist und alle Türen
offen stehen. Eigentlich sogar deswegen, verfluchte Freiheit, wählen können –
that sucks. Der junge Typ aus dem Boot kommt auch die Treppe runter in den
Salon, den hat Marcello ja schon lange nicht mehr gesehen, aber er ist
irgendwie verändert. Er sieht jetzt böse aus und gar nicht mehr unschuldig und
schüchtern. Trotz seines schmalen Körperbaus meint man er könne einen im
Faustkampf besiegen. Marcello traut sich gar nicht ihn anzusprechen, sagt aber
doch leise “hey“. Der junge Mann nickt und setzt sich, die Hände hinter dem
Kopf verschränkend, auf ein niedriges Chaisselon, greift nach einer Zeitung und
blättert darin. Auf der Titelseite steht „Stuntman versenkt Aston Martin im
Comer See“. Ach. „Wenn die Gräfin aufgestanden ist, reisen wir ab. Man erwartet
uns schon in Wien. Man hat uns als Ersatz für das Schlauchboot einen Ballon
geschickt, man reist heute nicht mehr im Boot, Ballon ist mehr en vogue, wenn
sie verstehen, was ich meine“. Marcello war überrascht, dass man schon heute
abzureisen plante, wo doch über eine Woche vorgesehen war. Er erinnerte sich
nicht genau, aber es können höchstens 4 Tage gewesen sein. An der Rezeption ist
inzwischen enormer Betrieb entstanden, Portiers fahren Wagen mit Koffern hinaus
(es gab auf dem Wasser an dem einen Ausgang jetzt sowas wie eine schwimmende
Insel, eine Plattform, die nur wenig schaukelt und an der kleine Boote und
Gondeln festgemacht sind), ein älterer Herr im Trenchcoat steht seine Brille
reinigend an der Rezeption und klopft dann mit den Fingern auf den Tresen, zwei
Poitiers versuchen einen kleinen weißen Hund einzufangen, der mit der Leine um
seinen Hals die Blumenständer umwirft. „Dann geh ich mal schnell hoch und pack
meine Koffer, es wird nicht lange dauern“ sagt Marcello. „Nehmen sie sich Zeit,
die Gräfin schläft meistens bis 10 und frühstückt dann auf jeden Fall noch.“
„Alles klar“. Marcello rennt trotzdem die Treppe hoch, horcht aber außer
Sichtweite eine Weile nach unten und geht dann langsam in sein Zimmer und setzt
sich auf´s Bett, blickt aus dem Fenster. Ach. Wien also, schön, dass ich auch
mal informiert werde. Die beiden sind wohl jetzt ein eingeschworenes Team, die
Gräfin und der grimmige junge Mann. Da kann man den Ballon durchs Fenster sehen
und Marcello steht auf, öffnet es und lehnt sich hinaus, erschrocken darüber,
wie kalt es doch ist. Der Ballon kommt langsam runter und von oben schmeißen
welche Seile hinab und von unten schmeißen welche Seile mit kleinen
Gewichtsäckchen dran hinauf. Ein einziges Hinab- und Hinaufwerfen ist das da
draußen denkt Marcello. Es klopft an der Tür. „Die Gräfin lässt fragen, ob der
Herr mit ihr zu frühstücken wünschen.“ - „Äh, ja doch, richten sie ihr aus, ich
komme gleich“.
Als Marcello den Speiseraum betritt, wundert ihn wie
in dem schmalen runden Turm ein so gigantischer Speiseraum passen kann, mit hohen
Fenstern und Kronleuchtern und mindestens 20 langen Tischen, an denen jeweils 6
bis 8 Leute platznehmen können, die im Augenblick ungefähr zur Hälfte besetzt
sind. Man dreht sich nach Marcello um, wenn er vorbeiläuft; er nickt und
lächelt, bekommt aber keine Antwort. Die Gräfin sitzt mit Gruffy von der
Gummibärenbande an einem der längeren Tische und ein Gedeck ist frei. „Guten
Morgen, wie haben sie geschlafen?“ Die beiden lachen. Aha, gebumst haben die
die ganze Nacht, denkt Marcello und schlägt sein Ei auf. Man frühstückt lange
und spricht wenig, aber Marcello erfährt,
dass Vincent und seine Braut am Vortag abgereist sind in die
Flitterwochen nach Haiti und dass das mit dem Viermaster 2 Wochen dauert dahin
zu kommen und dass in Wien, wenn sie ankommen der Kongress beginnt, man warte
dort nur auf die Gräfin und die Rebellen könnten jeden Tag Anschläge verüben,
erst gestern sei wieder eine Bombe in ein Caféhaus am Prater geflogen, es müsse
also jetzt zu einer Entscheidung kommen, und die Anwesenheit der Gräfin sei
unerlässlich. Der Mondaffe kommt an den Tisch. Er entschuldigt sich, dass er in
den letzten Tagen nicht so viel Zeit für seine speziellen Gäste gehabt habe,
aber das Haus sei vollkommen ausgebucht und ständig seien seine logistischen
Fähigkeiten gefordert, ohne ihn würde alles aus dem Ruder laufen, er hoffe,
dass Vincent einmal den Laden übernimmt, dass es ein einträgliches Geschäft sei
und Vincent und seine Braut, und die Kinder, die sie hoffentlich haben werden,
sehr gut davon leben könnten und es schade wäre, den guten Ruf der Anlage
ungenutzt verblassen zu lassen. Man verabschiedet sich höflich und formell und
tritt hinaus auf den Vorplatz, also die schwimmende Insel, wo schon die Koffer
in den Ballon geladen werden. Nachdem alles verstaut ist, steigt man in den
Ballon und hebt ab. Die Gräfin winkt mit einem weißen Tuch, der Mondaffe von
unten mit seiner Riesenpatsche. Der Turm wird langsam kleiner und Marcello
fällt auf, wie einsam er doch in dem gigantischen Ozean steht, wie fern von
allem, direkt unheimlich. Verständlich, warum sich der Mondaffe solch ein
Domizil geschaffen hat, kann es doch auf dem Mond auch nicht einsamer gewesen
sein, damals, vor seiner nizzaer Zeit.
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